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Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse zum Thema “Schönheit“

Ob eine Landschaft, ein Gemälde oder das Gesicht eines Menschen − ob wir etwas schön finden oder nicht, ist eine unwillkürliche Reaktion. Selbst wenn wir durch Vorerfahrungen oder gesellschaftliche Normen beeinflusst sind, sind die Freude und das Wohlgefühl beim Anblick von etwas Schönem instinktiv. Was aber löst diese Reaktion aus? Spanische Forscher sind dieser Frage nachgegangen und stellten fest: Unser Gehirn hat eine Art zweistufigen Schönheits-Sensor. Ein erstes Netzwerk von Hirnarealen springt sofort an, wenn wir etwas anschauen und stuft das Gesehene in Sekundenbruchteilen als ästhetisch ein oder nicht. Der eigentliche „Aha“-Moment − die bewusste Erkenntnis „das ist schön“ − folgt aber erst danach: Wenn ein zweites Netzwerk beginnt, genauer zu analysieren, warum das Gesehene schön ist.

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“Schönheit liegt im Auge des Betrachters“: Dieses bekannte Zitat müsste eigentlich anders formuliert werden, da unser Gehirn – und nicht unser Sehorgan – entscheidet, ob wir etwas schön finden oder nicht. Selbst Säuglinge reagieren dabei bereits auf bestimmte, als schön empfundene Reize, indem sie beispielsweise landläufig als attraktiv geltende Gesichter länger anschauen. Schon vor einigen Jahren haben Neurowissenschaftler begonnen zu erforschen, wo genau in unserem Denkorgan sich diese instinktive Reaktion auf Schönes manifestiert. „Schnell wurde dabei klar, dass viele verschiedene Gehirnregionen an der ästhetischen Beurteilung beteiligt sind“, berichten Camilo Cela-Conde von der Universität der Balearen in Palma de Mallorca und seine Kollegen. So spielen neben den für Belohnung und Gefühle zuständigen Schaltkreisen auch die Areale eine wichtige Rolle, in denen Wahrgenommenes verarbeitet wird und Entscheidungen getroffen werden.

Wie aber diese verschiedenen Hirnregionen zusammenwirken, um das Gefühl der Schönheit zu erzeugen, war bislang unklar. Die Studien an Säuglingen deuteten bereits darauf hin, dass Schönes positive Gefühle auslöst, noch bevor wir das Gesehene bewusst als schön kategorisiert haben. Forscher stellten daher die These auf, dass es zwei Netzwerke im Gehirn geben muss, die unsere ästhetische Reaktion prägen − eines für die instinktive Wahrnehmung eines Reizes als schön und ein zweites, das anschließend genauer analysiert und bewertet, was den Reiz so schön macht.

Um diese Hypothese zu überprüfen, zeichneten Cela-Conde und seine Kollegen die Netzwerk-Aktivität im Gehirn von 24 Probanden auf, während diese in schnellem, unregelmäßigem Wechsel schöne oder nicht-schöne Objekte gezeigt bekamen. Sie nutzten dafür die sogenannte Magnetenzephalografie (MEG), ein Verfahren, das die winzigen magnetischen Veränderungen registriert, die sich durch das Feuern von Nervenzellen im Gehirn ergeben. Dies ermöglicht es zu analysieren, welche Areale gleichzeitig aktiv sind, und damit ein funktionelles Netzwerk bilden.

Das Ergebnis: In den ersten 750 Millisekunden nach Erblicken des Objekts, bei schönen als auch bei hässlichen Objekten, wurden vor allem Areale im Hinterkopf aktiv. Dies deute darauf hin, dass in dieser Phase ein erstes Netzwerk anspringe, das den visuellen Reiz generell verarbeite. Einen Unterschied gab es aber auch hier bereits: Sahen die Probanden ein weniger schönes Objekt, war dieses Hinterhaupts-Netzwerk zusätzlich mit einem Areal hinter der Stirn verknüpft − dem für die Bewertung von Reizen und auch Fehlern zuständigen orbitofrontalen Cortex.

Eine Sekunde nach Wahrnehmung des Objekts änderte sich die Hirnaktivität bei einem schönen Objekt. Bei diesem sprang ein weiteres Netzwerk an, bei dem vor allem Areale auf der linken und vorderen Kopfseite aktiv wurden. Wie die Forscher erklären, analysieren diese, warum wir das Gesehene schön finden, und wie schön es im Vergleich zu anderen Dingen ist.

Diese Ergebnisse belegen, dass die Reaktion auf Schönheit tatsächlich in zwei Schritten erfolgt und von zwei verschiedenen funktionellen Netzwerken im Gehirn koordiniert wird. Das Rätsel, warum der Mensch einen instinktiven Sinn für Schönheit besitzt und wie er genau funktioniert, ist jedoch noch lange nicht gelöst. „Viele individuelle Faktoren, von persönlichen Erfahrungen über den Charakter, die Gesundheit und das Geschlecht des Betrachters, aber auch kulturelle und historische Einflüsse tragen dazu bei, ob und wie wir diesen Aha!-Moment empfinden“, erklären die Forscher.

Camilo Cela-Conde (Universidad de las Islas Baleares y Consejo Superior de Investigaciones Científicas, Palma de Mallorca) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), doi: 10.1073/pnas.1302855110 © wissenschaft.de – Nadja Podbregar

Quelle: http://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/913723/